Kesselbambule-Camp 2022 – Klimagerechte Mobilität für Alle!
Europäische Mobilitätswoche? lol.
Vom 16.-22. September ist die Europäische Mobilitätswoche (EMW) und neben vielen anderen Städten in Europa nimmt auch Stuttgart daran Teil. Damit haben wir ein Problem: Die EMW in Stuttgart droht zu einem Bankett der Scheinlösungen und des Greenwashings zu werden. Sie täuscht Bürger*innenbeteiligung vor, wo keine ist. Autoinfrastrukturprojekte wie der Ausbau der B27 und das verkehrstechnisch sinnlose Betonprojekt S21 werden weiter vorangetrieben. Über unsere Mobilität und unsere Städte entscheiden momentan Konzerne, ihre Lobby und Politiker*innen.
Wie diese Entscheidungen ausfallen, richtet sich dabei nicht in erster Linie nach Bedürfnissen, sondern nach der im kapitalistischen System verankerten Profitlogik und dem daraus folgenden Wachstumszwang. Deswegen ist es wichtiger, Autos zu verkaufen als Radwege zu bauen, deshalb ist es wichtiger, Autobahnschneisen zu schaffen als für einen guten ÖPNV für alle zu sorgen.
Autos first, Menschen second.
Die größten deutschen Automobilhersteller, darunter auch Mercedes-Benz mit Sitz in Stuttgart, sind verantwortlich für höhere Treibhausgasemissionen als die gesamte Bundesrepublik. Stuttgart ist (nicht nur) damit ein Produktions-Hotspot der Klimakrise. Auch global basiert das Mobilitätskonzept des Globalen Nordens auf der Ausbeutung von Menschen und Ressourcen des Globalen Südens und Auslagerung von Klimafolgeschäden.
Aber nicht nur als Produktionsstandort, sondern auch als Wohnort ist Stuttgart bisher weit von einer klimagerechten Stadt entfernt.
Der große Zuspruch, den beispielsweise der Radentscheid und auch das 9€-Ticket bekommen, zeigen: Die Menschen haben Lust auf klimagerechte Mobilität! Trotzdem weigert sich die Stuttgarter Stadtverwaltung bisher großteils, vom Gemeinderat beschlossene Entscheidungen z.B. zur Verbesserung des Rad- und Fußverkehrs umzusetzen.
Und wenn es um Europa und Mobilität geht, dürfen wir die EU-Außengrenzen nicht vergessen: Dort wird jegliche würdevolle und sichere Mobilität für flüchtende Menschen in Richtung Europa gewaltvoll unterbunden.
Wir sagen: Eine Mobilitätswoche reicht noch lange nicht, es braucht eine umfassende klimagerechte Mobilitätswende von unten!
Mobilität geht uns alle an!
Wir alle müssen arbeiten, wir müssen einkaufen und zur Ärztin fahren. Kapitalistische Ausbeutung und ableistische1, rassistische, sexistische Unterdrückung werden auch am Thema Mobilität deutlich. Denn: Wer kann überhaupt wie mobil sein? Wem steht öffentlicher Raum zu Verfügung? Und für wen ist die Stadt gebaut? Für Eltern mit Kinderwagen, Menschen im Rollstuhl, Kinder und Jugendliche, Radfahrer*innen, den Altenpfleger im Frühdienst, arme Menschen? Eher nicht!
Die klimagerechte Mobilitätswende eröffnet uns Handlungsoptionen im Hier und Jetzt. Sie fordert uns auf, lebenswerte und für die Klimakrise gewappnete Städte zu gestalten und bringt uns näher an das gute Leben für Alle.
Der öffentliche Raum kann mehr sein als ein Parkplatz. Und die Wege zur klimagerechten Mobilität sind vielschichtig. Beschlossene Pläne für den Rad- und Fußverkehr müssen sofort umgesetzt werden. Das 9€-Ticket lassen wir uns nicht wieder nehmen!
Das ist aber erst der Anfang: Menschen sollten nicht auf ein privates Auto angewiesen sein – kürzere Lohnarbeitszeiten, ein Ausbau des ÖPNV und sinnvolle Stadtplanung ermöglichen, dass Alltagswege klimagerecht, gesünder und entspannt zu erledigen sind. Auch für ländliche Regionen müssen gute Konzepte für klimagerechte Mobilität etabliert werden. Wir kämpfen für eine klimagerechte Gesellschaft, in der öffentliche Verkehrsmittel kostenlos und solidarisch finanziert sind.
Während viele Menschen Angst haben, im Winter ihre Wohnung nicht heizen zu können, fährt die Automobilindustrie Milliardengewinne ein. Der Kampf um endliche Ressourcen und die Klimakrise verschärfen die bestehende soziale Ungleichheit.
Unsere Antwort: enteignen und umverteilen!
Wir kämpfen für eine umfassende Demokratisierung: gemeinsames Entscheiden über bedürfnisorientierte Produktion und Mobilität für alle Menschen.
Komm zum Kesselbambule Klimacamp 2022!
Auf dem Klima- und Aktionscamp wollen wir unsere Visionen für eine klimagerechte Gesellschaft teilen, weiterentwickeln und verwirklichen.
Wie kann der Weg zu einer klimagerechten Produktionsweise gemeinsam mit den Beschäftigten gestaltet werden? Mit welchen Aktionsformen machen wir der Stadtverwaltung Dampf, um endlich all die premium Radwege zu bekommen, die diese Stadt verdient hat? Welche fossilen Infrastrukturprojekte in und um Stuttgart werden zurzeit noch geplant und wie lässt sich der Widerstand dagegen organisieren? How to keep 9€-Ticket für immer? Wie geht eine feministische und anti-ableistische Verkehrswende? Und wie kommen wir einer Welt ohne gewaltvolle Grenzregimes näher? Wir werden uns in Workshops, Panels und Diskussionsrunden weiterbilden, lernen, austauschen und für gemeinsame Projekte in der Region vernetzen. Außerdem wartet auf uns ein vielfältiges Kulturprogramm mit Konzerten, Musik und Tanz. Und von A wie Äpfel fürs Müsli schneiden bis Z wie Zelte aufbauen sind auch Infrastruktur und Fürsorge-Arbeiten Teil unseres Camps und Teil unserer konkret gelebten Vision für ein solidarisches Morgen.
Wir laden alle Menschen ein, die an Klimagerechtigkeit und Mobilität interessiert sind, denn die Mobilitätswende schaffen wir nur mit starken Allianzen. Wir warten nicht auf Regierung und Wirtschaft, sondern schaffen mit dem Camp einen Ort der Bewegung und der radikalen Mobilitätswende, einen Gegenpol zur EMW.
Als Teil verschiedener emanzipatorischer Bewegungen schließen wir Faschist*innen, (neue) Rechte und selbsterklärte Heimatschützer*innen von der Teilnahme am Klimacamp aus. Weiterhin schließen wir Anhänger*innen der sogenannten »Querdenken«-Bewegung ebenfalls aus. Wir wenden uns gegen Verschwörungsmythen, Esoterik und Antisemitismus. Reaktionäre Ideologien und Bewegungen haben in unserem solidarischen Projekt keinen Platz.
Wir sehen uns vom 16.-22. September im Stadtgarten Stuttgart!
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1 Diskriminierung aufgrund von Behinderung↑